Wer zumTeufel ist Gerty? basiert nicht nur auf einemTextauszug aus Ulysses von James Joyce, sondern auch die musikalische Umsetzung geschieht nach dem sprachlichen Prinzip der von Joyce geprägten „expressiven Form“.
Was einem beim Hören sofort auffällt ist die Menge an Text, was für ein Musiktheater eigentlich ungewöhnlich ist. Die Verbindung von gesprochenem Text und Musik ist ausgesprochen heikel – die Gefahr, dass die Sparten sich gegenseitig die Berechtigung stehlen, lauert bei jedem Wort, bei jedem Ton. Expressive Form in der Sprache bedeutet, dass die strukturelle Ordnung das Werk nicht nur formal, sondern auch in gewisser Weise „inhaltlich“ bestimmt und somit zu Botschaft und Deklaration wird.
Ebendieses Modell habe ich auf die Musik und auf die Musiker übertragen. Ihnen werden spezielle Rollen zugeordnet, Rollen mit einer Bedeutung, mit einem Inhalt, mit einem Kontext. Im ersten Teil könnte man die Musiker und ihre Instrumente als Objekte sexueller Begierde bezeichnen, im zweiten Teil als Träger von Unsicherheit und erloschenen Bedürfnissen, wobei die Rollen zwischen Ensemble und Sänger auch wechseln, sich vertauschen, einander inhaltlich widersprechen. Somit wird nicht nur vermieden, dass Musik oder Töne eine Stimmung erzeugen, sondern mittels hervorgebrachter Stimmungen entsteht überhaupt erst die Musik.
Ich beschäftige mich schon seit einigen Jahren mit Bedeutungsebenen oder genauer gesagt, mit dem semantischen Gehalt von Musik, da ich der festen Überzeugung bin, dass dieser existiert und daraus das allgemeine Verständnis von Musik überhaupt erst möglich geworden ist (zumindest im westlich geprägten Raum). In Wer zum Teufel ist Gerty werden diese Floskeln aus der Sprache (Gestus,Tonfall, Konnotationen, Begierden) in Musiksprache übersetzt oder vorhandene musikalische Floskeln (ein bekannter Gestus, eine bestimmte Art von Musik, etwas, das uns aus einem anderen Kontext bekannt ist) in Bezug auf die Rollen kontextualisiert. (Brigitta Muntendorf)
Wer zum Teufel ist Gerty?
Musiktheater für Ensemble, zwei Sänger und zwei Schauspieler
Text nach James Joyce Ulysses, 13. Kapitel
Auftragswerk für das Taschenopernfestival Salzburg 2011
Musik Brigitta Muntendorf
Regie Thierry Bruehl
Gerty Constanze Passin
Gerty Katharina Schwarz
Leopold Thomas Hupfer
Leopold Alexey Kokhanov