Versteinerte Flügel dreht sich um das Thema des Opfers, ein Grundthema der christlichen Ethik. Nach der Verkündigung bietet sich Maria als Medium an, durch das Christus in die Welt kommt, nicht als ihr Sohn, sondern als Gottes Sohn, der dazu bestimmt ist, für die Menschheit geopfert zu werden, und zwar in doppelter Hinsicht: Die Mutter weiß, dass sie sehr bald einen schrecklichen Verlust erleiden wird, und ihr Sohn ist sich bewusst, dass sein Tod ein unausweichliches Ereignis ist.
Das antike griechische Theater bietet die geeignetsten Mittel, um den Kummer eines Elternteils darzustellen, der gezwungen ist, sein Kind zu opfern, wie in der Geschichte von Andromaca und Astianatte, in der man auch Anklänge an die Geschichten von Medea und von Abraham und Isaak finden kann. „Versteinerte Flügel“ ist der Flug des Engels in Heiner Müllers Text, der von den Schauspielern zu Beginn der Oper vorgestellt wird, und „Versteinerte Flügel“ ist auch der Tod von Astianatte, die von einer Anhöhe gestürzt wird. (Silvia Rosani)
In der Komposition gibt es eine Metapher der Glocken, deren Klang im Angelusgebet dreimal wiederkehrt, so dass die Orchestrierung einige Komponenten des Röhrenglockenklangs verwendet. Der Rhythmus lässt sich vollständig aus dem Metrum des griechischen Textes ableiten, und wie in der Tradition der antiken griechischen Tragödie kommentiert und unterstreicht der Chor die musikalischen Gesten der Solisten.
Versteinerte Flügel
Musiktheater für Ensemble, Sänger und drei Schauspieler
Text: Heiner Müller Der glücklose Engel, Euripides Die Troerinnen, Lukas 1.34-36, Genesis 6.2-4
Auftragswerk für das Taschenopernfestival Salzburg 2011
Musik Silvia Rosani
Regie Reinhold Lay
Sopran Sandra Quell
Mezzosopran Reinhild Buchmayer
Alt Annette Schönmüller
Tenor Alexey Kokhanov
Darsteller Josef Ettmayr
Darsteller Jakob von Kotzebue
Darsteller Jürgen Oestreich